Archiv Soziale Bewegungen



Seit rund 20 Jahren sammelt das Archiv Soziale Bewegungen in Freiburg Dokumente zur Geschichte der neuen sozialen Bewegungen nach 1945 in der Oberrheinregion. Das Archiv ist als gemeinnütziger Verein organisiert und wird überwiegend von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen.

Als Institution ist das Archiv einzigartig. Nirgendwo in der Bundesrepublik - und auch nicht im Ausland - gibt es eine Institution, die eine derartig umfassende Dokumentation einer regionalen Protestgeschichte der interessierten Öffentlichkeit präsentieren kann. Auch wenn es umfangreichere Archive zu bestimmten Themen der Geschichte der neuen sozialen Bewegungen gibt (Friedensbewegungsarchive, Antifa-Archive, feministische Archive), so zeichnet sich das ASB durch seinen grundsätzlich sehr breiten Ansatz aus: Es beschränkt sich, im Gegensatz zu anderen Bewegungsarchiven, nicht auf ein Spezialthema, sondern auf eine Region, die dazu noch Ländergrenzen überschreitet. Dadurch wird es möglich, auch die Querverbindungen zwischen den einzelnen Bewegungssegmenten aufzuzeigen - was für das Verständnis der Bewegungen, die sich personell natürlich sehr weit überlappen, von entscheidender Wichtigkeit ist.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Verhältnis von Bürgerschaft und staatlichen Institutionen grundlegend gewandelt. Ein erhöhtes Maß an Mitbestimmung hat das Delegationsprinzip der repräsentativen Demokratie in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ergänzt oder abgelöst. Ohne die Geschichte der neuen sozialen Bewegungen nach 1945 wäre dies nicht möglich gewesen, und ohne die Kenntnis dieser Geschichte ist auch das Verständnis dieser tiefgreifenden politischen Veränderungen ein Ding der Unmöglichkeit. Es verwundert deshalb nicht, daß Besucher aus der gesamten Bundesrepublik, dem europäischen Ausland und selbst den USA oder Australien nach Freiburg kommen, um in der weltweit ziemlich einzigartigen Institution des ASB diesen gesellschaftlichen Wandel zu studieren. Dabei handelt es sich keineswegs nur um Personen mit einem rein wissenschaftlichen Interesse, sondern zu unserer Freude auch in zunehmendem Maße um Schülergruppen, die sich im Rahmen von Projektarbeiten mit regionaler Geschichte auseinandersetzen.

Die immense Bedeutung des Archivs für die jüngere politische Geschichte nicht nur der Region, sondern Europas ist uns Archivaren ein Ansporn, nicht nur passiv darauf zu warten, daß Menschen die Materialien des Archives nutzen. Von Anfang an hat das Archiv von sich aus eine aktive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Neben den archiveigenen Publikationen gehört dazu vor allem das Veranstaltungsprogramm des Archivs. Höhepunkte waren hier sicherlich die Veranstaltungsreihe zu den Veit-Harlan-Demonstrationen in den 50er Jahren (als junge Demokraten gegen eine erneute Karriere des Naziregisseurs auch hier in Freiburg auf die Straße gingen) oder die Freiburger Popgespräche, in denen wir dem Zusammenhang von Subkultur und Protestbewegung nachgingen. Über den eigenen Tellerrand haben wir mit Veranstaltungen zu italienischen Partisanen, dem Pariser Mai 68 oder zu den Streiks türkischer Textilarbeiter im Frankreich der 80er Jahre hinausgesehen.

Im Rahmen des DANOK-Projektes präsentiert das Archiv das Tonarchiv von Radio Verte Fessenheim aus den späten 70er Jahren. Radio Verte Fessenheim war ein illegaler Piratensender, der aus der Anti-AKW-Bewegung enstanden war. Das Programm war - wie die Bewegung - grenzüberschreitend und wurde zweisprachig ausgestrahlt. Diese wichtigen Dokumente eines Europas, das von unten, aus der Bevölkerung, zusammenwächst, schien uns das geeignetste Material, um der grenzüberschreitenden Intention des DANOK-Projekts gerecht zu werden.

Wer nähere Informationen über das Archiv wünscht, sei auf dessen Homepage verwiesen, die unter http://www.soziologie.uni-freiburg.de/asb zu finden ist.